Mitteilung

Warum die Verhaltensforschung beim Klimaschutz eine wichtige Rolle spielt

Erfurt / Hamburg, 17. November 2022 – Wie können Klimaschutzmaßnahmen vom Menschen her geplant und kommunikativ wirksam begleitet werden? Dr. Mirjam Jenny und Prof. Dr. Cornelia Betsch von der Universität Erfurt und dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin beantworten diese Frage in einem Beitrag in der gestern erschienenen Artikelsammlung der Fachmagazine „Nature Human Behaviour“ und „Nature Climate Change“ unter dem Titel „Human behaviour and climate change“. Darin skizzieren sie die notwendigen wissenschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen.

Zwei Hände sind umschlossen und in einander verschlungen. Sie sind mit einem Motiv von der Erde von oben gesehen bemalt. Blaues Meer und Kontinente sind zu sehen.
©iStock | Yuri_Arcurs

Die COVID-19-Pandemie hat den Menschen abverlangt, ihr Verhalten zu verändern, um die eigene Gesundheit und die der anderen zu schützen. Aktuell erfordert die Energiepreiskrise nun, dass Bürger*innen und die Industrie so viel Gas und Strom wie möglich sparen. Um solche Krisen zu bewältigen, braucht es eine Gesellschaft, die bereit ist, tiefgreifende System- und Verhaltensänderungen anzunehmen. Politik und öffentliche Verwaltung stehen dabei vor der Aufgabe, wirksame politische Rahmenbedingungen für den Klima- und Umweltschutz zu schaffen.

„Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sind nur eingeschränkt wirksam, wenn sie unzureichend erklärt werden, wenn die öffentliche Unterstützung fehlt, oder wenn sie Bürgerinnen und Bürger vor besondere Hürden stellen“, erläutert Dr. Mirjam Jenny. Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse könnten Entscheidungsträgerinnen und -träger aber dabei unterstützen, klimapolitische Maßnahmen wirksamer zu gestalten.

Mehr noch, eine erfolgreiche Umsetzung von Klima- und Umweltschutz hätte ebenso einen positiven Effekt auf die globale Gesundheit von Tier und Mensch. Dieser One-Health-Gedanke wird unter anderem am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin von der Gruppe um die Erfurter Professorin Cornelia Betsch, die zugleich Leiterin der dortigen BNITM-Arbeitsgruppe Gesundheitskommunikation ist, weiterverfolgt.

Porträtfoto von Prof. Cornelia Betsch. Eine Frau mit schulterlangen braunen Haaren und Brille sitzt sehr freundlich lächelnd unter einem Baum. Sie trägt einen olivgrünen-grauen Anzug mit weißem Shirt darunter.
Prof. Cornelia Betsch, Gruppenleiterin an der Uni Erfurt und am BNITM.   ©Marco Borggreve
Ein Porträtfoto einer jungen Frau mit langen roten Haaren lächelnd freundlich. Sie trägt einen dunklen Blazer.
Dr. Mirjam Jenny, Entscheidungsforscherin in der Gruppe um Betsch.   ©Jenny Mirjam

Damit dies gelingt, müsse die Wissenschaft verlässliche Verhaltensdaten erheben, die ein klares Bild der öffentlichen Wahrnehmung und des Klimaschutzes liefern.

„Dies setzt aber voraus, dass Regierungen die Infrastruktur für solche Datenerhebungen sicherstellen“, sagt Mirjam Jenny.

Darüber hinaus müssten Klimaschutzmaßnahmen aus einer Klimapolitik erwachsen, die verhaltenswissenschaftliche Perspektive berücksichtige und kommunikativ klug begleitet werde. Nur so könnten diese Maßnahmen sinnvoll wirksam werden.

Vor diesem Hintergrund sei gerade die Verhaltensforschung international zunehmend gefragt, erklärt die Psychologin Cornelia Betsch. „Seit spätestens diesem Jahr empfehlen richtungsweisende internationale Gremien wie der Weltklimarat, die Vereinten Nationen (UN), die Nationalen Akademien den Wissenschaften der G7 Staaten, WHO Europa und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die politische Maßnahmengestaltung und Kommunikation mit verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen zu verbessern.“

Die beiden Wissenschaftlerinnen sind sich einig: „Nur Klima- und Gesundheitspolitik, die menschliches Verhalten versteht, kann durch klug gesetzte Rahmenbedingungen Verhalten wirksam verändern.“ Begleitende Kommunikationskampagnen können dabei helfen, die öffentliche Unterstützung zu erhöhen und die negativen Folgen neuer und ungewohnter – vielleicht unbeliebter – Maßnahmen abzumildern. „Dafür braucht es jedoch Strukturen, die die Erhebung und Nutzung von Verhaltensdaten unterschiedlichster Art systematisieren und deren Nutzung institutionalisieren. Denn Wissen über Klimaschutzverhalten kann nur positiv wirken, wenn die Politik es nutzt und es die Menschen erreicht.“

Link zum Beitrag in „Nature Human Behaviour“: https://www.nature.com/articles/s41562-022-01479-4
Link zur Artikelsammlung: https://www.nature.com/collections/icdbhbbibg 


Pressekontakte

Dr. Mirjam Jenny
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Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten und ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Aktuelle Forschungsschwerpunkte bilden Malaria, Wurminfektionen und andere Parasitosen sowie Erkrankungen durch Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Das BNITM umfasst das nationale Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und das WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt es ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen u.a. in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.

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