Klimawandel begünstigt die globale Ausbreitung tropischer Infektionserreger
Veränderte Umweltbedingungen als Folge des Klimawandels können indirekte gesundheitliche Risiken mit sich bringen. Häufiger auftretende Hitzeperioden und eine verstärkte Niederschlagsneigung wirken sich positiv auf die Ausbreitung tierischer Krankheitsüberträger, den sogenannten Vektoren, aus. Das BNITM befasst sich intensiv mit der weltweiten Beobachtung der Verbreitung tropischer Infektionserreger und ihrer Vektoren.
Überwachung von Stechmückenpopulationen
In unseren Breiten ist die Bedrohung durch tropische Infektionserreger in den vergangenen Jahren gestiegen. Ein Grund hierfür sind die durch den Klimawandel begünstigten Lebensbedingungen für exotische Stechmücken in Regionen, in denen diese zuvor nicht vorkamen. Die anhaltend milden Winter bieten den Tieren die Möglichkeit zu überwintern und sich in Deutschland zu etablieren. Eingeschleppt werden diese invasiven Arten durch den zunehmenden Warenverkehr. Als blinde Passagiere reisen Stechmücken in Autos oder Flugzeugen mit oder werden in Form ihrer Eier oder Larven in gebrauchten Autoreifen oder Blumentöpfen verschleppt. Das BNITM analysiert zusammen mit anderen Instituten das Vorkommen medizinisch relevanter Stechmückenarten in Deutschland. Zur Katierung dieser Arten stehen an vielen Standorten Mückenfallen, die regelmäßig ausgewertet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus) und die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) sich in den letzten zehn Jahren an verschiedenen Orten in Deutschland angesiedelt und ausgebreitet haben.
Mit den Mücken kommen auch die Erreger nach Europa
Eingeschleppt durch einen Reiserückkehrer sorgte das tropische Chikungunya-Virus 2007 erstmals für einen Ausbruch in Norditalien. Durch die Etablierung der Asiatische Tigermücke kommt es mittlerweile regelmäßig zu lokalen Übertragungen in Italien und in Frankreich. Auch das durch die Tigermücke übertragene Dengue-Virus war bis 2010 nur bei Reisenden aus den Tropen bekannt. Mittlerweile wurden wiederholt Übertragungen in Südfrankreich und Spanien beobachtet. Im Jahr 2018 konnte erstmals auch das West-Nil-Virus in Vögeln in Deutschland nachgewiesen werden. Laut aktuellen Angaben das Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) hat das Virus vermutlich in Deutschland überwintert und wurde erneut in 2019 mehrfach in Vögeln und Pferden gefunden.
Mit den Mücken kommen auch die Erreger nach Europa
Die Erhöhung der Oberflächentemperaturen ermöglicht nicht nur eine stärkere Verbreitung von Stechmücken, es begünstigt auch die Vermehrung der Viren in der Mücke. Das Usutu-Virus, welches zum aktuellen Amselsterben führt und auch Menschen infizieren kann, reist mit Zugvögeln nach Deutschland und wird hier von einheimischen Stechmücken der Gattung Culex übertragen. 2010 wurde das Virus erstmals bei Vögeln in Deutschland gefunden und sorgte seitdem in wärmebegünstigten Regionen entlang des Rheintals und am Untermain immer wieder für Ausbrüche. In den letzten drei Jahren breitete es sich bereits bis in den hohen Norden aus. „Der ausgesprochen warme Sommer 2018 war günstig für die Ausbreitung des Usutu-Virus und sorgte für ein massives Vogelsterben.“ sagt Renke Lühken aus der Arbovirologie am BNITM. Hier wurden 2018 mehr als 1300 tote Vögel auf das Usutu-Virus untersucht. „Nachgewiesen werden konnte das Virus bei 60% der untersuchten Tiere“ so Lühken.
Tropische Viren bald in Deutschland
Das BNITM verfügt über eine einzigartige Infrastruktur – ein Insektarium der biologischen Sicherheitsstufe 3. In diesem Labor können WissenschaftlerInnen der Frage nachgehen, ob in Deutschland heimische Stechmücken als Überträger tropischer Viren in Frage kommen. Hierzu werden die im Feld gefangenen Mücken im Insektarium über eine Blutmahlzeit mit Viren infiziert und dann für einige Tage oder Wochen unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen gehalten. Anschließend analysieren die ForscherInnen den Inhalt der Speicheldrüse. Denn nur wenn die Viren hier zu finden sind, können sie bei der nächsten Blutmahlzeit übertragen werden. „Wir konnten zeigen, dass Chikungunya-Viren sich auch bei relativ niedrigen Temperaturen von 18 Grad Celsius in der Asiatischen Tigermücke vermehren können. Eine Übertragung des Chikungunya-Virus in gemäßigten Regionen wie in Deutschland ist nicht auszuschließen.“ erklärt Anna Heitmann ihre Ergebnisse. „Untersuchungen zum West-Nil-Virus zeigen eine Vermehrung in heimischen Culex-Arten bei Temperaturen ab 21 Grad Celsius.“ berichtet Stephanie Jansen über die aktuelle Studie. „Eine Überwachung von Viren die durch Stechmücken-übertragenen werden, wird zukünftig auch nördlich der Alpen von Bedeutung sein.“
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