Mitteilung

Neue Impfstrategie gegen Ebola

Dendritische Zellen im Fokus

Forschende des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) testeten im Mausmodell eine neue Impfstrategie gegen das Ebolavirus. Sie erreichten zielgenau dendritische Zellen, die eine schützende T-Zellantwort gegen das Ebolavirus hervorriefen. Zudem charakterisierten die Wissenschaftler:innen in einer weiteren Studie verschiedene Populationen von dendritischen Zellen im Zellkulturmodell. Damit konnten sie den Mechanismus aufklären, wie es zu überschießenden T-Zellantworten bei Infektionen mit dem Ebolavirus kommt. Die Ergebnisse sind in zwei Publikationen im Journal of Infectious Diseases erschienen.

Das Foto zeigt eine Forscherin, die an einer Sterilbank im Labor der Sicherheitsstufe 4 arbeitet. Sie trägt einen Vollkörperschutzanzug.
©BNITM | Dino Schachten

Ebolaviren lösen beim Menschen die hämorraghische Fiebererkrankung Ebola aus: Zu den Symptomen gehören unter anderem Fieber, Gliederschmerzen, Erbrechen, Durchfall sowie innere und äußere Blutungen (= Hämorraghien). Hauptsächlich werden die Symptome behandelt, spezifische Medikamente gegen das Ebolavirus sind erst seit 2020 erhältlich. Abhängig von der Spezies des Ebolavirus, der Krankenversorgung und der Behandlung versterben zwischen 30 und 90 Prozent der Erkrankten. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung zu verhindern. 

Es gibt zwei zugelassene Impfstoffe, die jeweils nur gegen das Zaire-Ebolavirus, eine der fünf Spezies des Ebolavirus, wirken. Diese Impfstoffe sind Lebend- bzw. Vektorimpfstoffe, die eine humorale Immunantwort (Produktion von Antikörpern durch B-Zellen) sowie eine zelluläre Immunantwort (T-Zell-Antwort) auslösen. Die starke Antikörperantwort hilft dabei, das Virus direkt zu neutralisieren. Die T-Zell-Antwort stärkt das Immungedächtnis und aktiviert die Immunabwehr bei künftigen Infektionen schneller. Wie lange der Schutz durch die beiden Impfungen anhält, wird derzeit noch untersucht.

Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt eine schwarz-weiße Abbildung des Ebolavirus. Das Virus besitzt eine fadenförmige Struktur.
Elektronenmikroskopische Aufnahme des Ebolavirus. Das Virus wird durch direkten körperlichen Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Ausbrüche von Ebola kamen bisher in Afrika südlich der Sahara in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Guinea vor.   ©BNITM | Katharina Höhn

„Die sogenannten CD8 T-Zellen spielen bei der menschlichen Immunantwort gegen das Ebolavirus eine entscheidende Rolle. Wir wollten testen, ob wir mit einer neuen Impfstrategie diese T-Zellpopulation gezielt und stärker als bei herkömmlichen Impfungen errreichen können und ob sich das vorteilshaft auf die Bekämpfung des Ebolavirus auswirkt“, erklärt Prof. César Muñoz-Fontela, Forschungsgruppenleiter der Gruppe Virus-Immunologie am BNITM. 

Die meisten Personen sind nicht gegen das Ebolavirus immun; das Immunsystem muss das Ebolavirus erst einmal „kennenlernen“. Wichtig dabei sind antigenpräsentierende Zellen, die Antigene – in diesem Fall kleine Virusschnipsel – an T-Zellen präsentieren. Nachdem die CD8 T-Zellen Virusschnipsel vom Ebolavirus kennengelernt haben, können sie andere vom Ebolavirus befallene Zellen ausfindig machen und töten. „Eine robuste, aber auch gut regulierte T-Zellantwort ist essenziell, damit Ebolapatient:innen eine Infektion mit dem Ebolavirus überleben können“, weiß der Virologe Muñoz-Fontela. 

Konventionelle dendritische Zellen verantwortlich für überschießende T-Zellantwort

Der Schlüssel, die CD8 T-Zellen zu erreichen, sind die antigenpräsentierenden Zellen. Verschiedene Immunzellen, darunter die dendritischen Zellen (kurz DCs), können Antigene präsentieren. Es gibt mehrere Sorten von dendritischen Zellen; bisher war nur das Verhalten von dendritischen Zellen, die von Monozyten abstammen (= moDCs), bei einer Infektion mit dem Ebolavirus bekannt. Das Ebolavirus befällt die moDCs und verhindert, dass sie reifen. Dadurch kann keine starke T-Zellantwort entstehen. Diese Beobachtung erklärt aber nicht die schweren Verlaufsformen einer Ebolavirus-Infektion, in der es zu einer überschießenden T-Zellantwort und starken Entzündungsreaktionen kommt. 

„Wir haben beobachtet, dass das Ebolavirus eine andere Gruppe von DCs, die konventionellen dendritischen Zellen, nicht befällt, sie aber stark aktiviert. Diese Gruppe der DCs präsentiert daraufhin Antigene vom Ebolavirus an CD8 T-Zellen. Unsere Versuche deuten darauf hin, dass die Population der konventionellen dendritischen Zellen dafür verantwortlich sein könnte, dass überschießende T-Zellantworten entstehen“, fasst Erstautorin Dr. Linda Niemetz die Ergebnisse der Publikation Ebola virus infection of Flt-3-dependent, conventional dendritic cells and antigen cross-presentation leads to high levels of T-cell activation zusammen. 

Neue Impfstrategie erfolgreich gegen Ebolavirus

„Auch wenn eine überschießende T-Zellantwort während einer Ebolaerkrankung negativ ist, wollten wir uns die Erkenntnis, dass konventionelle dendritische Zellen dabei eine Schlüsselrolle spielen, für eine neue Impfstrategie zu Nutze machen“, erläutert Muñoz-Fontela. Die Forschenden wählten folgenden Ansatz: Mittels eines Antikörpers gegen einen Rezeptor von konventionellen dendritschen Zellen (= cDCs) konnten die Wissenschaftler:innen passgenau ausschließlich diese Zellpopulation erreichen. An die Antikörper war das Nukleoprotein des Ebolarvirus gebunden. Ziel war, dass die cDCs auf ihrer Oberfläche Schnipsel vom Nukleoprotein den T-Zellen präsentieren, damit sich eine effektive T-Zellantwort gegen das Ebolavirus ausbilden kann. Der Plan der Forschenden ging im Mausmodell auf: Sie konnten mit dieser Impfstrategie eine robuste T-Zellantwort hervorrufen. 

„Wir konnten zeigen, dass die Impfstrategie zu einem Schutz der Mäuse vor einer schweren Ebolavirus-Infektion geführt hat. Auch konnten wir Gedächtnis-T-Zellen nachweisen, was auf einen Schutz gegen das Ebolavirus zu einem späteren Zeitpunkt hoffen lässt“, sagt Erstautorin Dr. Catherine Olal der Publikation Antibody-based antigen delivery to dendritic cells as a vaccination strategy against Ebola virus disease

Die Abbildung zeigt den Versuchsablauf des Experiments sowie die Ergebnisse zur Überlebensrate der Mäuse und ihren Gewichtsverlust.
Mäuse sind nicht empfänglich für das Ebolavirus, das heißt, sie erkranken nicht durch eine Infektion mit dem Ebolavirus. Durch genetische Manipulation von Wildtyp-Mäusen (WT-Mäuse) generieren die Forschenden sogenannte IFNAR-/--Mäusen - diese Mäuse sind anfällig für das Ebolavirus und 50 bis 60 Prozent von ihnen sterben an einer Infektion mit dem Ebolavirus. (A) Beim Start des Experiments impften die Forschenden diese Mäuse mit dem Antikörper-Impfstoff, der sich an dendritische Zellen bindet. Am Tag 28 wiederholten sie die Impfung. Am Tag 42 setzten sie die Mäuse dem Ebolavirus aus. Am Tag 64 beendeten sie das Experiment und maßen verschiedene Parameter, um zu erfassen, ob und wie stark die Impfung gegen das Ebolavirus geschützt hat. (B) Die sogenannte Kaplan-Meier-Kurve zeigt, dass die geimpften Mäuse (blaue Linie) im Gegensatz zu den Kontroll-Mäusen (lila Linie) zu 100 Prozent eine Infektion mit dem Ebolavirus überlebt haben. (C) Die geimpften Mäuse zeigten einen Gewichtsverlust (blaue Linie), der aber weniger stark ausgeprägt war als bei den Kontroll-Mäusen (lila Linie). Das bedeutet, dass die Impfung nicht gänzlich vor einer Infektion schützt, sondern dass die geimpften Mäuse milde Krankheitssymptomen wie Gewichtsverlust aufweisen.   ©Olal et al. 2025 | Journal of Infectious Diseases

Das Nukleoprotein, das die Forschenden verwendet haben, stammt vom Zaire-Ebolavirus ab. Da sich das Nukleoprotein zwischen den Spezies der Ebolaviren sehr ähnelt, testeten die Forschenden, ob nach Impfung die Mäuse auch gegen das Sudan-Ebolarvirus immun waren; dies war allerdings nicht der Fall. 

„In Rhesusaffen ist die Strategie, die dendritischen Zellen über ihren spezifischen Rezeptor mittels Antikörpern zu erreichen und eine T-Zellimmunität hervorzurufen, schon im Zusammenhang mit einer Impfung gegen das simiane Immundefizienzvirus angewendet worden. Das stimmt mich positiv, dass künftig dieser Ansatz für eine Ebola-Impfung im Menschen in Frage kommen könnte. Wir könnten damit beispielsweise schon existierende herkömmliche Impfstrategien ergänzen“, schließt Muñoz-Fontela.


Ansprechperson

Prof. Dr. César Muñoz-Fontela

Leitung AG Virus-Immunologie

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Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

Telefon : +49 40 285380-269

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