Forschungshighlight

Das Immunsystem: Wie geht es Stechmücken mit ihren Viren?

Forschungsgruppe „Stechmücken-Virus-Wirt Interaktionen“ findet Unterschiede in der Immunreaktion der Stechmücken auf insektenspezifische Viren und auf Arboviren

Wieso können Stechmücken bestimme Viren auf den Menschen übertragen (Arboviren) und andere Viren nicht (insektenspezifische Viren)? Um das herauszufinden, untersucht die Arbeitsgruppe um Prof. Esther Schnettler vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) unter anderem die Immunreaktion von Stechmücken auf diese Viren. Dabei hat sie herausgefunden, dass das Protein Argonaut-1 offenbar eine besondere Rolle spielt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift mSphere erschienen.

Stechmücken gehören zu den Tieren, die sehr viele Infektionskrankheiten auf den Menschen übertragen können. Unter anderem übertragen sie Arboviren, die beispielsweise Dengue, Chikungunya- oder Westnil- und Zika-Fieber auslösen können.

In jüngster Zeit entdeckten Forschungsgruppen weltweit aber auch viele insektenspezifische Viren, die sich in Wirbeltieren nicht vermehren können, also auch für den Menschen ungefährlich sind. Viele hiervon sind den Arboviren sehr ähnlich. Und sie können deren Übertragung auf Tiere und Menschen beeinflussen. Das macht sie interessant für die arbovirologische Forschung: Vielleicht liegt hier ein Schlüssel, um die Verbreitung dieser Viren zu kontrollieren.

Fluoreszenz-mikroskopisches Bild mit ASALV-infizierten Mückenzellen
Fluoreszenz-mikroskopisches Bild mit ASALV-infizierten Mückenzellen.   ©BNITM | Mine Altinli
Bild von Aedes aegypti Mücken an einem Netz
Bild von Aedes aegypti Mücken an einem Netz   Quelle: BNITM / ©Mayke Leggewie

Denn bisher ist unklar, warum Arboviren durch Mückenstiche auf Menschen übertragen werden können, insektenspezifische Viren jedoch nicht.

Um eine Antwort darauf zu finden, erforscht die Arbeitsgruppe von Schnettler "Stechmücken-Virus-Wirt Interaktionen" die Immunreaktion der Stechmücken sowohl auf Arboviren als auch auf insektenspezifische Viren. Sie untersucht einen wichtigen Teil der antiviralen Immunabwehr von Stechmücken, die sogenannte RNA-Interferenz, kurz RNAi. Dies ist ein Mechanismus, der unter anderem zur Abwehr fremder RNA, also fremden Erbmaterials dient.

In diesem Fall studierte die Gruppe um Schnettler die RNAi-Abwehr gegen ein insektenspezifisches Alphavirus, Agua Salud alphavirus (ASALV). Es wurde erst kürzlich entdeckt. Dabei stellten sie fest, dass die Immunantwort auf diesen Virustyp zwar sehr ähnlich abläuft wie die auf Arboviren, die zur gleichen Virusfamilie gehören (zum Beispiel Chikungunya-Viren). Sie fanden aber auch einen entscheidenden Unterschied: Das Protein Argonaut-1 wirkte nur gegen das insektenspezifische Virus antiviral, nicht aber gegen die dazugehörenden Arboviren, die auf den Menschen übertragbar sind.

Die Grafik zeigt erfolgreiches silencing von allen wichtigen RNAi Proteinen in A. aegypti-abgeleiteten AF5 Zellen. Erhöhte ASALV Replikation nur in Zellen mit silencing von Ago1, Ago2 oder Piwi4.
Erfolgreiches silencing von allen wichtigen RNAi Proteinen in A. aegypti-abgeleiteten AF5 Zellen. Erhöhte ASALV Replikation nur in Zellen mit silencing von Ago1, Ago2 oder Piwi4.   Quelle: BNITM / ©Esther Schnettler

„Dies ist ein erster Schritt, um besser zu verstehen, wie Stechmücken und Viren interagieren. Unterschiede in den Immunreaktionen der Stechmücken könnten uns Hinweise auf die unterschiedlichen Übertragungswege der Viren und damit auf ihre Evolution geben“, erklärt Schnettler.

Weitere Forschung sei erforderlich, um herauszufinden, ob die festgestellten Unterschiede auf andere insektenspezifische Alphaviren verallgemeinert werden können und inwieweit diese Erkenntnis bei der Bekämpfung von Arboviren weltweit hilfreich sein werde.

Foto der Arbeitsgruppe "Stechmücken-Virus-Wirt Interaktionen"
Die Arbeitsgruppe "Stechmücken-Virus-Wirt Interaktionen"   Quelle: BNITM / ©Dino Schachten

Originalpublikation:

Altinli, Mine et al.: Antiviral RNAi Response against the Insect-Specific Agua Salud Alphavirus. mSphere Feb 16, 2022.

doi.org/10.1128/msphere.01003-21

Ansprechperson

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