BNITM unterstützt Nigeria bei der Bekämpfung des aktuellen Lassa-Fieber-Ausbruchs
Ein klinisches und ein Laborteam des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) sind in das Epizentrum des aktuellen Lassafieber-Ausbruchs im nigerianischen Bundesstaat Edo entsandt worden. Das Irrua Specialist Teaching Hospital (ISTH) und das BNITM unterstützen Nigeria gemeinsam bei der Bekämpfung des Lassafiebers und erhoffen sich mit dem Start neuer Forschungsstudien bahnbrechende Erkenntnisse. Dies umfasst sowohl Labor- als auch klinische Aspekte. Ein lokal betriebenes genomisches Überwachungslabor wurde eingerichtet. Hier können die Forschenden in Echtzeit zirkulierende Lassa-Viren identifizieren und zurückverfolgen, um epidemiologische Untersuchungen zu unterstützen. Die klinischen Aktivitäten umfassen Fallbesprechungen mit Patient:innen, Unterstützung bei der Ultraschall- und Elektroenzephalographie-Diagnostik, Point-of-Care-Labortests sowie den Beginn von zwei neuen klinischen Studien über Sepsis und schwangere Frauen bei Lassafieber.
Lassafieber ist ein virales hämorrhagisches Fieber (VHF), für das es weder eine zugelassene Behandlung noch einen Impfstoff gibt. Über die Pathogenese des Lassafiebers ist wenig bekannt. Das erschwert die Entwicklung neuer Medikamente, Impfstoffe und medizinischer Behandlungsrichtlinien.
Die Krankheit tritt in Nigeria in saisonalen Schüben auf, wobei die höchste Fallzahl zwischen Januar und März zu verzeichnen ist. Seit Januar hat das ISTH (Bundesstaat Edo, Nigeria) 56 akute Lassafieber-Patienten behandelt, 12 von ihnen starben (21 %). Das BNITM unterstützt das Krankenhaus mit medizinischem und labortechnischem Verbrauchsmaterial, Ausrüstung und Schulungen, um die Bekämpfung des Ausbruchs zu unterstützen. Der stellvertretende leitende medizinische Direktor des ISTH, Prof. Reuben Eifediyi, und der Direktor des Institute of Viral and Emergent Pathogens Control and Research (IVEPCR) am ISTH, Dr. Joseph Okoeguale, haben den großen Nutzen der internationalen Zusammenarbeit für die Patienten in Nigeria hervorgehoben.
Um die diagnostische Überwachung zu verstärken, wurde die lokale genomische Überwachungskapazität nun von der Überwachung der SARS-CoV-2-Variante auf andere virale Erreger einschließlich des Lassa-Virus ausgeweitet. Diese neue Sequenzierungskapazität, die so genannte Metagenomik, bietet die Möglichkeit, neu auftretende virale Krankheitserreger rechtzeitig zu erkennen, zu überwachen, zu charakterisieren und schnell zu behandeln, ohne dass der Erreger vorher bekannt ist. Im Rahmen dieses neuen Projekts (CELESTA, unterstützt durch das Global Health Protection Programme (GHPP) des deutschen Gesundheitsministeriums) unter der Leitung von Dr. Sophie Duraffour sind Laborexpert:innen ans ISTH gereist, um das Laborpersonal in der praktischen und bioinformatischen Analyse von Sequenzierungsdaten zu schulen und diese neue Einheit zu eröffnen. Dieser Meilenstein baut auf einer langfristigen Zusammenarbeit und früheren Arbeiten auf, die zu wichtigen Erkenntnissen auf dem Gebiet der genomischen Vielfalt des Lassa-Virus geführt haben. Die erfolgreiche Implementierung der neuartigen Nanopore-Sequenzierungsanlage vor Ort, die vollständig mit lokalen Ressourcen betrieben wird, eröffnet neue Möglichkeiten im Bereich der genomischen Überwachung in Nigeria, ermöglicht ein besseres Verständnis der Lassafieber-Übertragung, unterstützt künftige Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und regt Forschungsprojekte an.
Um die Pathophysiologie des Lassafiebers besser zu verstehen, haben das BNITM und nigerianische Partner die Lassafieber-SEPSIS-Studie ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte Beobachtungs-Kohortenstudie, die von 2024 bis 2029 laufen wird und mehr als 500 Patienten mit akutem Lassafieber aufnehmen soll. Die Studienleiter Prof. Sylvanus Okogbenin und Dr. Cyril Erameh hoffen, dass die Forschung dazu beitragen wird, die Therapie für Lassafieber-Patient:innen in Zukunft zu verbessern. Die Studie wird vom BNITM Department für Virologie (Prof. Stephan Günther) und Department für Klinische Forschung (Prof. Michael Ramharter) unterstützt und von den Nachwuchsgruppenleitungen Dr. Lisa Oestereich und Till Omansen, Ph.D. und ihren Teams durchgeführt. Das internationale Team hatte in seinen früheren Untersuchungen festgestellt, dass die meisten Lassafieber-Patient:innen an einem vermeintlichen septischen Schock starben. Die Diagnose einer bakteriellen Koinfektion als Ursache für diesen Schock wird jedoch durch biologische Sicherheitsvorkehrungen erschwert. Das Team hat nun am ISTH Laborkapazitäten zur Durchführung von Blutkulturen und molekularer Diagnostik von Sepsiserregern eingerichtet. Sie haben bereits zwei Patient:innen mit schwerem Lassafieber beobachtet, das in einem Fall durch Staphylococcus aureus und in einem anderen Fall durch Klebsiella pneumoniae kompliziert wurde. K. pneumoniae erwies sich als resistent gegen die in der Region gebräuchlichen Antibiotika. Diese Ergebnisse trugen wesentlich zu einer besseren Patientenversorgung bei.
Die SEPSIS-Studie zielt darauf ab, die Häufigkeit der bakteriellen Koinfektion von Lassafieber-Patienten zu verstehen, aber auch die entzündlichen und immunologischen Aspekte des schweren Lassafiebers weiter zu untersuchen. Das Team erforscht, ob bestimmte Immunzellen wie T-Zellen die Pathogenese im Verlauf der Krankheit vorantreiben, und will auch analysieren, welche der Immunzellen mit dem Lassa-Virus infiziert sind. Zu diesem Zweck wurde vor Ort erfolgreich ein immunologisches Labor mit Glove box eingerichtet. Die zirkulierenden mononukleären Blutzellen der Patient:innen werden isoliert und analysiert. Der Aktivierungsstatus von Antigen-präsentierenden Zellen (Makrophagen, dendritische Zellen, B-Zellen) sowie von T-Zellen, die das Lassa-Virus spezifisch erkennen und bekämpfen, wird untersucht.
Leider besteht bei schwangeren Frauen, die von Lassafieber betroffen sind, die Gefahr, dass sie ihr Kind während der Schwangerschaft verlieren. Um künftige Gegenmaßnahmen zu ermitteln, ist es von entscheidender Bedeutung, die Pathophysiologie des Lassafiebers in der wenig untersuchten und oft vernachlässigten Gruppe der schwangeren Frauen zu verstehen. Zu diesem Zweck hat das Team die Lassa-PULSE-Studie (Placental Understanding in Lassa Fever Pregnancy - Study of Pathogenesis and Outcomes) ins Leben gerufen, die Frauen mit einer akuten Lassafieber-Infektion während ihrer Schwangerschaft rekrutiert. Die Studie unterstützt direkt die Behandlung der Patientinnen durch regelmäßige Laboruntersuchungen, Ultraschalluntersuchungen und andere erforderliche Labortests.
Das Konsortium hofft, dass die gemeinsamen Aktivitäten, einschließlich des klinischen Managements, der metagenomischen Sequenzierung und der neuen akademischen Studien, dazu beitragen werden, das Leben der Lassafieber-Patient:innen zu retten und zu verbessern.
Weiterführende Informationen
Irrua Specialist Teaching Hospital (ISTH)
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