Mitteilung

Weltmoskitotag 2023

BNITM engagiert sich für Stechmückenüberwachung und Früherkennung

Globalisierung und Klimawandel haben auch Folgen für die Globale Gesundheit: Mit dem zunehmenden Waren- und Reiseverkehr gelangen exotische Stechmücken und Viren verstärkt in nördliche Breiten. Und mit häufigeren, längeren Hitzeperioden und veränderten Niederschlägen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie überleben und sich ausbreiten. Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) engagiert sich deshalb in zahlreichen Forschungsprojekten zur Stechmückenüberwachung und -bekämpfung.

Eine Mücke mit schwarz-weißem Streifenmuster beim Einstich in Haut.
©BNITM | Dino Schachten

Der Klimawandel fördert Ausbrüche von durch Stechmücken übertragenen Erregern auf zweierlei Weise. Zum einen breiten sich exotische Stechmückenarten immer weiter Richtung Norden aus. Zum anderen gilt: Je höher die hochsommerlichen Temperaturen, desto schneller können sich viele Arboviren in den Stechmücken vermehren. Und desto höher ist das Risiko, dass Stechmücken diese Viren auf Menschen und Tiere übertragen können.

Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus etwa ist in Südeuropa bereits seit den 1990er Jahren heimisch. Dort ist sie insbesondere für Ausbrüche des Chikungunya-Virus und des Dengue-Virus verantwortlich. In Deutschland haben sich Aedes albopictus-Populationen ebenfalls etabliert: Hier erstreckt sich ihr Siedlungsgebiet bisher entlang des Rheins von Freiburg bis Frankfurt. Auch in Berlin und Würzburg wurden sie gesichtet.

In Hamburg wurde Aedes albopictus bisher noch nicht entdeckt, aber das Institut für Hygiene und Umwelt (HU) hat jetzt in Kooperation mit dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ein Monitoring-Projekt im Hafen gestartet. Ziel ist, exotische Stechmücken, die möglicherweise per Schiff nach Hamburg gelangt sind, zu detektieren. Auf diese Weise will die Stadt eine potenzielle Einschleppung oder gar Ausbreitung frühzeitig erkennen und zeitnah Gegenmaßnahmen ergreifen können. Hierfür hat das HU an vier strategischen Punkten im Hafen Mückenfallen aufgestellt, die regelmäßig geleert werden. Die gefangenen Tiere werden anschließend im BNITM untersucht. Dabei geht es um die Bestimmung der Stechmückenart und um den Nachweis möglicher Krankheitserreger in den Stechmücken.

Stechmückenfalle: Eine blaue Tonne mit weißem Deckel und einem Loch sowie einem überdachten Gestell steht im Gebüsch auf dem Laub.
Stechmückenfalle des Instituts für Hygiene und Umwelt im Hafengebiet Hamburgs.   ©Institut für Hygiene und Umwelt
Risikokarte für das Chikungunya-Virus in Europa. Grafik: Renke Lühken, BNITM
Risikokarte für das Chikungunya-Virus in Europa   Grafik: BNITM | ©Renke Lühken

Intelligentes Frühwarnsystem

Das BNITM hat in den vergangenen Jahren seinen Beitrag zur Stechmückenforschung, -überwachung und -kontrolle deutlich intensiviert. Besonders hervorzuheben sind das durch die Europäische Kommission ausgezeichnete Projekt "EarlY WArning System for Mosquito borne diseases" (EYWA), die BMBF-Nachwuchsgruppe Arbovirus-Ökologie und das Verbundprojekt CuliFo 3. Diese Projekte sammeln in Europa beziehungsweise Deutschland Wetterdaten, Ergebnisse von Stechmückenzählungen, Informationen zu Virennachweisen und vielem mehr und werten sie mit Hilfe von mathematischen Modellen aus. Auf diese Weise lassen sich kurzfristig lokal begrenzte Ausbrüche stechmückenübertragener Krankheiten vorhersagen.

Das ist wichtig, weil man Stechmücken in klar begrenzten Gebieten gut bekämpfen und Ausbrüche schnell unter Kontrolle bringen kann.

Das Frühwarnsystem EYWA wird nun durch das BNITM auch in Ländern des globalen Südens wie Thailand und der Elfenbeinküste etabliert. Die Kartierung, Modellierung und Bekämpfung von Stechmücken ist gerade in tropischen Ländern von großer Bedeutung, weil dort Moskitos viele schwere Infektionskrankheiten übertragen. Hier haben die meisten der Infektionen ihren Ursprung, die sich jetzt bis zu uns ausbreiten.

Die BMBF-Nachwuchsgruppe Arbovirus-Ökologie führt unter anderem Mücken-, Sandmücken-, Zecken- und Stechmückensammlungen in verschiedenen Umgebungen in Europa und auf internationaler Ebene durch. Diese Daten verwendet sie, um die Verteilung, Vielfalt und Phänologie der verschiedenen Vektorarten zu verstehen, sowie für das Arbovirus-Screening. Zudem betreut sie in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund (NABU) ein Citizen-Science-Projekt zur räumlich-zeitlichen Verbreitung von Usutu- und West-Nil-Viren und modelliert dazu Risiko-Modelle.

Die Grafik zeigt zwei bunte Karten von Deutschland, die das räumliche Risiko der Übertragung des West-Nil-Virus (WNV) in Deutschland 2018/ 2019 visualisieren.
Räumliches Risiko der Übertragung des West-Nil-Virus (WNV) in Deutschland 2018/ 2019   ©MDPI Viruses | Ute Ziegler 2019 et al.

Das Verbundprojekt CuliFo verbindet Feld- und Laborforschung. Es hat in den vergangenen Jahren wichtige Impulse für die Überwachung und Meldung medizinisch relevanter Stechmückenarten in Deutschland gesetzt. Unter anderem hat der Verbund die Epidemien des Usutu-Virus (USUV) und des West-Nil-Virus (WNV) in Deutschland erforscht (vor allem bei Vögeln) und erstmals auch menschliche Erkrankungsfälle entdeckt.

Das Fortsetzungsprojekt CuliFo 3 fokussiert sich noch stärker auf die Frage, wie sich insektenspezifische Viren und Arboviren in Stechmücken gegenseitig beeinflussen und was das für deren Fähigkeit bedeutet, Tiere und Menschen zu infizieren. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, welche Infektionsdosis mindestens nötig ist, damit Stechmücken Arboviren übertragen und sich Infektionszyklen aufrechterhalten. Außerdem untersucht der Verbund, welche Umweltbedingungen (Temperatur, Niederschläge, Landschaftsstruktur) Ausbrüche begünstigen. Mit Hilfe dieser Daten wollen die Forschenden Ausbruchsszenarien modellieren, um umweltverträgliche und nachhaltige Bekämpfungsstrategien zu entwickeln.

Der Welt-Moskito-Tag

Am 20. August 1897 wies der britische Tropenmediziner Sir Ronald Ross nach, dass der Malariaparasit von weiblichen Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen wird. Damit revolutionierte er nicht nur die Malariaforschung und -bekämpfung. Seine Erkenntnisse sind noch heute grundlegend, um Epidemien zu verstehen, die von Insekten ausgehen. 1902 erhielt Ross den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.

Service

Wie kann ich mich vor Stechmücken schützen? 

Entfernen Sie mögliche Brutstätten für Stechmücken auf dem Balkon und im Garten: Eimer, ungenutzte Blumentöpfe, offene Gießkannen, alte Reifen oder Ähnliches. Decken Sie Regentonnen ab. Bringen Sie Stechmückennetze an Ihren Fenstern oder über den Betten an. Benutzen Sie Stechmückensprays, deren Wirkung wissenschaftlich getestet wurde, z.B. durch das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (blaues Gütesiegel). Diese sogenannten Gewährleistungsmarken erhalten Repellents, wenn sie in Labortestungen in hohem Maße unterschiedliche Stechmückengattungen wie Culex, Aedes und Anopheles fernhalten.

In Verbindung stehende Artikel

Exotischen Mücken in Hamburg auf der Spur

Die Gelbfiebermücke: Perfekter Shuttle-Service für Arboviren

Forschen, Heilen, Lehren 2023 "Klimawandel" - in Kooperation mit der VHS Hamburg

3 Mio. Euro für CuliFo 3, Deutschlands größtes Verbundprojekt zur Stechmückenforschung

 

Weiterführende Informationen

zum EarlY WArning System for Mosquito borne diseases (EYWA):

https://www.bnitm.de/eic-horizon-prize-for-eywa

zur Abteilung Arbovirologie und Entomologie:

https://www.bnitm.de/forschung/forschungsgruppen/molekularbiologie-und-immunologie/abteilung-arbovirologie/

zu Stechmücken in Deutschland:

https://www.bnitm.de/aktuelles/fragen-und-antworten/faq-zu-stechmuecken-in-deutschland

Sie haben eine tote Amsel oder eine auffällige Stechmücke gefunden? Schicken Sie sie uns! Sie helfen damit unserer Citizen-Science-Forschung:

https://www.bnitm.de/aktuelles/fragen-und-antworten/faq-zum-usutu-virus


Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten und ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Aktuelle Forschungsschwerpunkte bilden Malaria, Wurminfektionen und andere Parasitosen sowie Erkrankungen durch Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Das BNITM umfasst das nationale Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und das WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren. Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt es ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen u.a. in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.

Ansprechperson

Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit

Leitung Abteilung Arbovirologie und Entomologie

Telefon : +49 40 285380-546

E-Mail : schmidt-chanasit@bnitm.de

Dr. Renke Lühken

Research Group Leader

Telefon : +49 40 285380-862

E-Mail : luehken@bnitm.de

Dr. Eleonora Schönherr

Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

Telefon : +49 40 285380-269

E-Mail : presse@bnitm.de

Julia Rauner

Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

Telefon : +49 40 285380-264

E-Mail : presse@bnitm.de